Zorn der Engel by Sidney Sheldon

Zorn der Engel by Sidney Sheldon

Autor:Sidney Sheldon [Sheldon, Sidney]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-07-27T16:00:00+00:00


27

Adams Anrufe wurden weder angenommen noch erwidert. Seine Briefe wurden ungeöffnet zurückgesandt. Auf den letzten Brief, den Jennifer erhielt, schrieb sie das Wort »Verstorben« und warf ihn wieder in den Briefkasten. Das stimmt auch, dachte Jennifer. Ich bin tot.

Sie hatte nie gewußt, daß Schmerz so heftig sein konnte. Sie mußte allein sein, und dennoch war sie nicht allein. Ein anderes menschliches Wesen wuchs in ihr heran, ein Teil von ihr, ein Teil von Adam. Und sie würde es zerstören. Sie zwang sich, darüber nachzudenken, wo sie die Abtreibung vornehmen lassen würde … Vor ein paar Jahren hätte eine Abtreibung irgendeinen Quacksalber in einem schäbigen Hinterzimmer über einer schmutzigen Seitengasse bedeutet, aber wenigstens das war jetzt nicht mehr unumgänglich. Sie konnte sich in eine Klinik begeben und die Operation von einem angesehenen Chirurgen durchführen lassen. Irgendwo außerhalb von New York City. Jennifers Foto war zu oft in der Zeitung erschienen, sie war zu häufig im Fernsehen aufgetreten. Sie brauchte Anonymität, irgendeinen Ort, an dem keine Fragen gestellt wurden. Es durfte nie, nie eine Verbindung zwischen ihr und Adam Warner hergestellt werden können. Senator Adam Warner. Ihr Baby mußte unbekannt sterben. Einmal versuchte Jennifer sich vorzustellen, wie das Baby wohl ausgesehen hätte, und sie begann so heftig zu weinen, daß sie beinahe erstickt wäre.

Es hatte zu regnen begonnen. Jennifer blickte zum Himmel und fragte sich, ob Gott für sie weinte.

Ken Bailey war der einzige Mensch, an den Jennifer sich um Hilfe wenden konnte.

»Ich muß eine Abtreibung machen lassen«, sagte sie ohne Einleitung. »Kennst du irgendeinen guten Arzt?« Er versuchte, seine Reaktion zu verbergen, aber Jennifer konnte den Widerschein einer Vielzahl von Gefühlen auf seinem Gesicht sehen.

»Irgendwo außerhalb der Stadt, Ken. An einem Ort, wo man mich nicht kennt.«

»Wie wäre es mit den Fidschi-Inseln?« Seine Stimme klang zornig.

»Ich meine es ernst.«

»Entschuldige. Ich … du hast mich einfach überrascht.« Die Neuigkeit hatte ihn völlig umgeworfen. Er verehrte Jennifer. Er wußte, daß er sie gern hatte, und es gab Zeiten, in denen er sie zu lieben glaubte; aber er war nie sicher, und das quälte ihn. Mit Jennifer könnte er niemals das tun, was er mit seiner Frau gemacht hatte. Gott, dachte Ken, warum, zum Teufel, konntest du dich ausgerechnet bei mir nicht entscheiden? Er fuhr sich mit den Händen durch das rote Haar und sagte: »Wenn du es nicht in New York gemacht haben willst, dann würde ich Nordcarolina vorschlagen. Das ist nicht so weit weg.«

»Kannst du mir dort etwas suchen?«

»Ja, sicher. Ich …«

»Ja?«

Er sah weg. »Nichts.«

Die nächsten drei Tage war Ken Bailey verschwunden. Als er am vierten Tag in Jennifers Büro kam, war er unrasiert, und seine Augen lagen tief in den Höhlen und hatten rote Ränder. Jennifer warf nur einen Blick auf ihn und fragte: »Geht es dir gut?«

»Ich glaube, schon.«

»Kann ich irgend etwas für dich tun?«

»Nein.« Wenn Gott mir schon nicht helfen kann, Liebes, dann kannst du es noch weniger.

Er gab Jennifer einen Zettel. Darauf stand: Dr. Eric Linden, Memorial Hospital, Charlotte, Nordcarolina. »Ich danke dir, Ken.«

»De nada. Wann willst du es machen lassen?«

»Ich werde dieses Wochenende hinfahren.



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